Jedes Kind braucht eine Zukunft
Der heutige Weltkindertag steht unter dem Motto „Jedes Kind braucht eine Zukunft!“.
Es ist Halbzeit bei der Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, und das Erreichen der 17 nachhaltigen Entwicklungsziele („Sustainable Development Goals“, SDGs) ist in Gefahr – und damit auch die Verwirklichung der Kinderrechte, denn jedes der in der Agenda 2030 verankerten Ziele hat eine zentrale Bedeutung für Kinder.
Chancengleichheit für jedes Kind – das ist auch unsere Prämisse in unserem Tageszentrum in Wien. Denn auch in Wien gibt es Kinderarmut und ist die Chancengleichheit für alle Kinder noch lange nicht gegeben. Prekäre Lebensumstände, Kriegs- und Fluchttraumata, beengte Wohnverhältnisse und fehlende Sprachkenntnisse sind nur einige der Faktoren, die die Teilnahme an Bildungsangeboten für Kinder und Jugendliche erschweren. In Österreich ist der Bildungsstand der Eltern nach wie vor entscheidend für den Schulerfolg der Kinder.
Interview mit Linda Oberndorfer aus dem LenZ
Anlässlich des Weltkindertages haben wir Linda Oberndorfer, Leiterin der Lernbetreuung im CONCORDIA Tageszentrum LenZ in Wien ein paar Fragen gestellt:
Was bedeutet Chancengleichheit für dich?
Chancengleichheit bedeutet für mich, dass jedes Kind unabhängig von Geschlecht und Herkunft die gleichen Möglichkeiten hat. Der Zugang zu Bildung und Berufsausbildung ist in Österreich nach wie vor stark abhängig vom sozialen Hintergrund der Eltern. Das bedeutet, dass ein Kind, das in eine einkommensschwache Familie mit Migrationshintergrund hineingeboren wird, die aus einem Nicht-EU-Land kommt und kaum bis keine deutschen Sprachkenntnisse mitbringt, es wesentlich schwerer hat, dorthin kommen zu können, wo ein gleichaltriges Kind aus einer österreichischen wohlsituierten Akademiker*innenfamilie beruflich landen wird. In Wien gibt es zum Glück Menschen bzw. soziale Einrichtungen, die versuchen, dem entgegenzuwirken und allen Kindern eine Chance auf eine gleichwertige Zukunft zu ermöglichen.
Wo siehst du die Hürden für Kinder, wenn es um ihre Zukunft geht bzw. welche Hürden identifizierst du aufgrund deiner Erfahrung in der Arbeit mit Kinder und Jugendlichen?
Viele der Kinder, die zu uns kommen, bekommen von Zuhause (zu) wenig Unterstützung, da es den Eltern aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich ist, ihre Kinder in ihrer Schullaufbahn so zu begleiten, wie es in unserem Schulsystem notwendig ist. Die Bedürfnisse der Kinder sind hier auch vielfältig: Bei manchen ist einfach nur ein ruhiger Raum wichtig, um sich konzentrieren zu können beim Lernen; andere benötigen Unterstützung, um sich eine sichere sprachliche Basis in Deutsch aufbauen zu können, oder schlicht Menschen, die sie beim Lernen begleiten bzw. auch Anteilnehmen an ihrem Fortschritt. Bei den älteren Kindern geht die Begleitung neben Referats- und Schularbeitsvorbereitungen häufig in Richtung Jugend-Coaching: wenn sie beispielsweise ihre berufspraktischen Tage organisieren müssen.
Was würde es brauchen, um diese Hürden abzubauen?
Ein faires Bildungssystem, das soziale Differenzen durch quantitativ mehr und interkulturell besser qualifiziertes Bildungspersonal abfedert, mehr auf Stärken fokussiert und weniger selektiert. Eine individuellere Betreuung und auch ein gemeinschaftlicherer Ansatz wären mit Sicherheit ebenfalls zentral: Gemischte Klassen, in denen sowohl Kinder aus deutschsprachigen, als auch aus anderssprachigen Familien zusammentreffen und einander gegenseitig in ihren Schwächen und Stärken unterstützen, um sich bestmöglich entfalten zu können.
Welche Rolle spielen Kinderrechte in deiner pädagogischen Arbeit?
Eine sehr große. Grundsätzlich stellen die Kinderrechte die Grundlage meiner täglichen Arbeit dar. Zusätzlich laden wir immer wieder auch Experten und Expertinnen von Amnesty International ein, Workshops zum Thema Kinderrechte für unsere Kinder zu halten.